Zunächst schien der Wettergott auch recht zu haben, empfing uns der Parkplatz Menta Alm bei Galtür, auf dem wir unsere Autos abstellen mussten (die Jamtalhütte in einer Höhe von 2165m ist nur mit dem Taxi, zu Fuß oder mit dem Mountainbike erreichbar), von oben ziemlich nass. Nach dem Motto „es gibt kein schlechtes Wetter, wenn die Kleidung passt“, machten sich Steffi E., Hejo, Kalle, Barbara, Hannelore und Robert trotzdem tapfer mit dem MTB auf den 10 Km langen Weg zur Hütte. Die anderen Teilnehmer (Rosi, Diana, Sabine, Jochen, Alexander, Andy, Steffi P., Julia, Philip, Monika und Beate) zogen das trockene Taxi vor. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt und der Regen hörte tatsächlich ziemlich bald auf, so dass die Radler*innen nur von innen durchs Schwitzen feucht geworden waren. Auch der zunächst gefasste „Plan B“ - am Nachmittag einen gemütlichen Hüttenaufenthalt oder eine einstündige Tour auf das Steinmannli (2353m) - wurde wieder verworfen und der ursprüngliche „Plan A“ – die Besteigung des 2693m hohen Russkopf in Angriff genommen. Er gilt zwar als „unbedeutende Erhebung nördlich der Jamspitze“ (Quelle Internet), doch hat man von hier aus einen herrlichen Blick auf die umgebenden Berge, vor allem den mächtigen Jamtalferner, wenn – ja wenn das Wetter passt. Leider war die Weitsicht buchstäblich ziemlich vernebelt, und da auch der Regen erneut einsetzte, erreichten wir nach ca. drei Stunden ziemlich durchnässt wieder unser Quartier. Das tat der guten Stimmung jedoch keinen Abbruch, hatten wir doch unser erstes Ziel erreicht, dazu verwöhnte uns der Hüttenkoch mit einem viergängigen Abendessen. Mit einigen bangen Blicken auf die Wettervorhersagen des kommenden Tages, die wieder mehr oder weniger Regen prophezeiten, ließen wir den Tag (wie auch die folgenden) bei einigen Gläsern Wein trotzdem entspannt ausklingen.
Und dann geschah ein kleines „Wetter-Wunder“. Der Himmel war zwar wolkenverhangen, als wir unser Vorhaben „drei 3000er an einem Tag“ starteten, aber es blieb den ganzen Tag trocken. Von der Jamtalhütte ging der Wanderweg dabei zunächst ins Tal des Futschölbaches, vorbei am Finanzerstein mit einem markanten Unterschlupf auf 2176 m Höhe. Nach einer Flussüberquerung wurde der Weg steiler, man erreichte über den Futschölpass (2768m), der Grenze zwischen Österreich (Tirol) und der Schweiz (Kanton Graubünden), und einem steilen Anstieg schließlich den Grenzeckkopf (3048m), dessen Name sich auf den am Gipfel rechtwinklig abbiegenden Grenzkamm bezieht. Nach gut 3 ½ Stunden hatten wir unser erstes Ziel, diesen Berg der Fluchthorngruppe im Hauptkamm der Silvretta, erreicht. Und trotz des kalten Windes und der Wolken konnten wir uns mit einem tollen Ausblick auf die grandiose Bergwelt, vor allem auch den Ortler, für die ersten Anstrengungen belohnen. Nach einer kurzen Brotzeitpause ging es aber gleich weiter über einen Grat 400m nach unten, um dann mit dem Felsen der Bischofspitze (3029m) unseren zweiten 3000er im Vorbeikraxeln „mitzunehmen“. Anschließend senkte sich der Grat wieder etwas nach unten zum Kronenjoch (2974m), bis der Hauptkamm schließlich weiter zur Breiten Krone (3079m) auf Schweizer Boden führte. Wir hatten unsere drei 3000er tatsächlich wie geplant nach 4 ½ Stunden erreicht! Nach ausgiebigen Rundblicken auf die Fluchthörner, den Muttler, die Pyramide des Piz Linard, die vergletscherten Berge der Bernina-Gruppe sowie das breite Fimbertal mit dem Hohen Riffler und entsprechenden Gipfelfotos im Gepäck machten wir uns wieder auf den Rückweg, der uns als Rundweg zunächst andere Schönheiten der Landschaft, teils jetzt sogar im Sonnenschein, präsentierte. Gleichzeitig begleitete uns wie schon auf dem Hinweg unüberhörbar das markante Pfeifen der Murmeltiere. Nach gut 8 Stunden mit 14 km Wegstrecke sowie ca. 1100 Hm empfing uns die Jamtalhütte zur Stärkung mit Cappucchino, Kuchen oder einem Weißbier, bevor wir vor dem Abendessen noch eine kleine Auffrischung hinsichtlich unserer am nächsten Tag geplanten Hochtour in Form von Knotenkunde, Spaltenbergung, Gehen in der Seilschaft oder Benutzung des Pickels einlegten.
Der dritte Tag bescherte uns strahlenden Sonnenschein, und war die Stimmung in unserer Truppe bisher schon super, so steigerte sie sich jetzt sicher noch mehr. Die Hintere Jamspitze (3156m) hatten wir heute als Ziel. Zunächst führte uns der bereits bekannte Weg Richtung Russkopf, um kurz vor dem Gipfel aber nach links Richtung Jamtal-Ferner abzubiegen. Es ist schon erschreckend, in welchem Ausmaß man die Gletscher verschwinden sieht. Denn wo vor nicht allzu langer Zeit Eis und Schnee die Landschaft bedeckten, stapft man nun zum Teil durch mit Steinen vermischten „Eismatsch“ oder klettert gar in der Seilschaft mit den Steigeisen eine ganze Zeit über Felsblöcke! Die Gletscherspalten sieht man zwar dann gut, doch muss man trotzdem drüber. Am Mittag hatten alle nach einer kurzen Kraxelei über Felsblöcke den Gipfel erreicht. Heute konnten wir auch endlich das grandiose Bergpanorama uneingeschränkt genießen. Ca. 1000 Hm mit 11 Km Wegstrecke hatten wir in den Beinen, als die letzten von uns nach knapp 10 Stunden wieder die Hütte erreichten und sich alle einig waren: Es war ein fantastischer Tag!
Am Montag, der uns ebenfalls wieder ungetrübten Sonnenschein bescherte, stand noch der Pfannknecht Klettersteig auf dem Programm. Der Weg dorthin zog sich mit ca. 2 Stunden zwar ziemlich in die Länge, doch konnte man dabei die Weite der Landschaft genießen, mit den anderen ratschen oder einfach einmal stumm seinen Gedanken nachhängen. Der schöne Klettersteig (B/C) selbst bot keine besonderen Schwierigkeiten, so dass nach insgesamt 3 Stunden mit einigen Pausen auf 2822 m Höhe die letzten „Berg Heil“ Wünsche ertönten und die letzten Gipfelfotos geschossen wurden. Da wir nach 5 Stunden gegen Mittag bereits wieder bei der Hütte waren, ließen wir auf der Terrasse mit typischen österreichischen Spezialitäten (z. B. Schlutzkrapfen, Kässpatzen, Kaiserschmarrn oder Topfenkuchen) auch diese wunderschöne Tour ausklingen, bevor uns das Taxi bzw. MTB wieder zu unseren Autos brachte. Im Nu waren die vier Tage mit einmaligen Erlebnissen vorbei, die dank der perfekten Planung bzw. Durchführung vor Ort von Diana und Kalle uns allen sicher noch lange in bester Erinnerung bleiben werden.
Beate Freymüller