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Hochtour auf den höchsten der Silvretta Gruppe, den Piz Linard. 3410m

25.08.2025

Zu sechst waren wir schließlich, als wir uns am Hüttenparkplatz Mitten in Lavin im Engadin fertig machten. Durch einen schönen Lärchenwald stiegen wir die Serpentinen des Wanderwegs Richtung Plan da Bügl, einer schönen Almfläche etwa auf halber Strecke hinauf. Hier rasteten wir kurz und genossen die Aussicht ins Engadin. Weiter gings durch ein Meer an reifen Blaubeer- und Preiselbeersträuchern, wo der eine oder andere nicht widerstehen konnte. Kurz vor der Hütte stellten sich uns zwei Seilversicherte Stellen in den Weg, die aber problemlos überwunden werden konnten. Hier hatten wir auch einen ersten wunderschönen Blick auf die Hütte und den dahinter aufragenden Piz Linard.

Auf der Hütte angekommen, wurden wir herzlich von dem freundlichen Hüttenpaar begrüßt und fühlten uns sogleich willkommen auf der kleinen Hütte. Auf die Bayerisch-engadinische Freundschaft wurde mit einem hausgemachten Schnaps angestoßen, ehe man mit leichtem Gepäck Richtung Piz Glims aufbrach. Mit dem Piz Glims konnten wir nicht nur den „Hüttengipfel“ besteigen, sondern auch den Weg für morgen auskundschaften. Denn mittlerweile hat sich eine Südostgrat-Gruppe und eine Normalweg-Gruppe gebildet. Ziel ist morgen, dass wir uns am Gipfel treffen und gemeinsam den Abstieg zur Hütte meistern. 

Der Weg zum Piz Glims ist einfach und ist gut markiert. Vom Gipfel aber auch schon vom Aufstieg hat man wunderbare Einblicke in die Piz Linard Südwand und den Anstiegsweg über den Südostgrat. Gerne will man auf dem schönen Aussichtsgipfel verweilen aber der relativ kalte Wind ließ uns schnell wieder zusammenpacken und absteigen. Im Abstieg, also kurz vor der Hütte wollte die Südostgrat-Gruppe die Anstiegsvariante über den Linard Pitschen erkunden, denn die normale Anstiegsrinne zum Südostgrat galt als sehr Steinschlaggefährdet. So versuchte man, quasi als Integralversion, den Südostgrat über den Linard Pitschen zu erreichen. 

Zurück auf der Hütte wurde das Lager bezogen und sich anschließend auf die abendliche Verköstigung gefreut. Die Hüttenmakkaroni und die abschließende Schokobirne ließen wir uns schmecken. Nach dem Essen wurden wir vom Hüttenwirt kurz über die aktuelle Situation auf den Anstiegswegen zum Piz Linard aufgeklärt und die Abmarschzeiten koordiniert. 

Pünktlich um 6Uhr standen wir nach einem spartanisch Schweizer Frühstück auf der Hüttenterrasse und schauten in den wolkenlosen Himmel. Alles ist für einen schönen Bergtag gerichtet. Die Südostgrad-Gruppe war ja schon eher gestartet und wir haben uns wegen der Steinschlaggefahr am Südwandanstieg mit zwei Kollegen aus Samnaun zusammengetan. So konnte keine Gruppe der anderen die Steine auf den Kopf werfen.  

Zu fünft stiegen wir in das Kar Richtung Norden hinein. Nachdem wir einen Bach überquert hatten, wird es steiler und wir erreichen kurze Zeit später einige kleine Seen. Hier machen wir kurz eine Trinkpause und genießen die Morgenstimmung. Einige Murmeltiere beschweren sich schon mit lauten pfiffen und so gehen wir weiter über einen Moränenrücken in Richtung Südwand. Die markante Einstiegsrinne ist schon zu erkennen. Geleitet von unzähligen Steinmännchen war die Wegfindung kein Problem. Über loses Gestein steigen wir weiter an und ziehen am Fuß der Rinne unsere Helme auf. 

Der Fels in der Rinne ist nicht schön und meistens locker. Aber mit einer überlegten und vorsichtigen Aufstiegsweise kann der Steinschlag auf ein Minimum reduziert werden. Schnell kommen wir höher. Wir halten uns eher an der rechten Begrenzung der Rinne, da ist der Fels gut und man muss nicht jeden zweiten Griff beiseitelegen. Im oberen Drittel der Rinne zieht der Weg auf einem schmalen Band nach rechts aus der Rinne und wir erreichen das von der Hütte bereits zu sehende, riesige Geröllfeld inmitten der Südwand. 

Über teilweise recht schwierig zu erkennende Spuren durchqueren wir in Serpentinen das ungut zu gehende Gelände. Hier orientieren wir uns eher nach links, um die von links nach rechts oben ziehende Rinne zu erreichen. Hier sind wieder Trittspuren im Geröll zu erkennen und so erreichen wir kurze Zeit problemlos den abschließenden Gipfelhang. Hier ist der Untergrund noch gefroren und die letzten Schneereste zu sehen. Über teilweise mit Eis überzogene Felsen steigen wir vorsichtig weiter an. Von links mündet hier der Westgrat in den Normalweg ein und kurze Zeit später, etwas weiter oben dann der Südostgrat. Hier können wir bereits den Gipfel Steinmann erkennen und so sind die letzten Meter nur noch Genuss. 

Was für eine Aussicht. Im Norden die Restgletscherflächen des Silvretta Gebiets. Weiter im Rund können wir die Bernina Gruppe, den Ortler und viele weitere erkennen. Hier am Gipfel ist es angenehm und so beschließen wir auf die Südostgrat-Gruppe zu warten. Mit Brotzeit, Aussicht bestaunen und Fotos machen verging die Zeit relativ schnell, so das nach etwa einer halben Stunde, die völlig unerwartet die Südostgrat-Gruppe auftauchte. Die hatten anscheinend den Turbo eingeschaltet. Es wurde gegenseitig gratuliert und mit dem einen oder andere Gipfelschnapserl gefeiert. 

Nach ausgiebiger Rast wurde konzentriert der Abstieg angetreten. Hier war sicheres Steigen und Abklettern wichtig. Aber schneller als gedacht wurde der Steinschlaggefährdete obere Bereich gemeistert, so konnte man je nach Gusto den Weg zur Hütte jeder in seinem Tempo gestalten. 

Auf der Hütte überzeugte man sich nochmal von den hervorragenden Schweizer Küchenkünsten der Hüttenleute, ehe man sich nach ausgiebiger und herziger Verabschiedung an den Abstieg zurück zum Parkplatz machte.

Berglehner Jupp