Obwohl uns das Aprilwetter so in Leonidio ab und zu begrüßt hat, war unser Aufenthalt in dem kleinen griechischen Dorf unvergesslich. An den riesigen roten und grauen Felswänden wurden in den letzten Jahren Tausende Sportkletterrouten eingerichtet. In unserem Gasthaus schauen wir uns gemeinsam den Kletterführer an, der von lokalen Kletterern der sogenannten „Panjika Cooperative“ zusammengestellt wurde. Dieser erschafft einen guten Überblick der Klettergebiete in Leonidio. Da die Auswahl an Routen fast unendlich ist, suchen wir uns ein paar besondere Gebiete aus für die kommenden Tage.
Am ersten Tag sind wir bei „Mad Wall“ und „Cave of Panagia“, und dort sehe ich zum ersten Mal die so gennante „Tufa“ Formationen, eine der Hauptmerkmale der Kletterwände in Leonidio. Tufas sehen wie Stalaktiten aus, die sich nicht von der Wand trennen mögen. So sind im Laufe der Jahrtausende lange Streifen entlang der überhängenden Wände dicht nebeneinander gewachsen, und bieten dadurch ein sehr interessanter Kletterstil an. Allerdings verlangt diese Kletterei Ausdauer und eine gewisse Technik, so dass ich nach einer solchen Route völlig ausgepumpt bin.
Am nächsten Tag besuchen wir „Sabaton“ und sein Nachbar „Mini Canyon“. Dank der Lage nah am Meer und des kurzen Zustiegs sind die beiden Gebiete sehr beliebt. Wir starten deswegen früh los und können gemütlich einige Routen an den geraden, leicht überhängenden Wänden klettern. Nach ein paar Stunden ist das Gebiet mit Kletterern gefüllt, zum Glück gibt es aber genügend Routen für alle. Im „Mini Canyon“ finden wir Schutz vor Wind und Sonne, und können auf einfache Platten steigen.
Unsere Ziele für die kommenden Tage sind die Gebiete „Arcadia“ und „Yellow Eyes“. „Arcadia“ liegt etwa weiter entfernt von Leonidio; da haben wir das gesamte Gebiet mit technischen Routen für uns alleine. Bei „Yellow Eyes“ macht die Anreise durch die engen Bergstraßen schon die Hälfte des Abenteuers aus. Die tolle Aussicht ins Tal nach einer langen, ausdauerkräftigen Route ist aber lohnenswert.
Nach ein paar Tage Klettern sind die ersten Zeichen der Erschöpfung vorhanden: dünne Haut, leichte Fingerschmerzen und allgemeine Müdigkeit. Ich hoffe, dass ich in dem Gebiet „Love Ledge“ noch genug Leistung für das Klettern erbringen kann. Hier begegnen wir eine Katze, die eine Weile lang an uns kuschelt, bevor sie sich hinter einem Busch hinlegt und einschläft. Wegen der Wärme und Erschöpfung würde ich mich am liebsten auch hinlegen, aber ich finde noch Energie und schaffe sogar ein paar schwierige Routen. Nun kann ich endlich im Meer abkühlen.
Insgesamt hat mir das Klettern in Leonidio sehr gefallen. Es gibt abenteuerliche, abwechslungsreiche Kletterei in jedem Niveau. Mehrmals bin ich in einer Route eingestiegen, wo ich auf einmal in die Schlüsselstelle an scharfen Leisten und winzigen Tritten hängen musste. Nach einem grenzwertigen Zug erreichte ich aber den perfekten Henkel und konnte flott weiterklettern. Dabei fühlt man sich wie ein Profi.
Ich war sowohl von der Umgebung beeindruckt als auch von der einladenden Atmosphäre des Dorfes und dessen freundliche Einwohner. Nach dem Klettern kann man in Leonidio an einer der zahlreichen Cafés und Tavernas gut essen und dabei die Sicht auf den Felswänden genießen. Diese imposanten Klippen werde ich nie vergessen und freue mich schon auf dem nächsten Kletterausflug dort.