Unser Aufenthaltsort ist die Jugendherberge in St. Gilgen, direkt am Ufer des Wolfgangsees. Nach der Ankunft lernen wir uns alle kennen und machen einen Ausrüstungscheck. Die beiden Kursleiter, Till und Thomas, zeigen uns unterschiedliche Aspekte der MSL-Technik, insbesondere den Standplatzbau und wie man eine Standplatzschlinge mit einem weichen Auge vorbereitet. Dazu üben wir zwei wichtige Knoten: den Mastwurf und seinen „Bruder“, den Halbmastwurf. Diese Basiskenntnisse müssen wir beherrschen bevor wir in dem Klettergarten dürfen.
Über St. Gilgen befinden sich die Felswände des Plombergsteins, wo wir unsere erste MSL-Route mit den neu gelernten Techniken besteigen können. Ich bin vom Sportklettern gewöhnt, immer ein Sicherungsgerät mitzunehmen. Am zweiten Tag darf ich es aber nicht einsetzen, da wir heute nur mit der Halbmastwurfsicherung (HMS) klettern. Sobald an beiden Seilenden des HMS gezogen wird, zieht sich der Knoten fest. Eine Hand muss sich deshalb immer am Bremsseil befinden, um einen eventuellen Sturz des Kletterers zu halten. Wir erlernen die MSL-Routinen und klettern in Wechselführung: Der Vorsteiger folgt den Bohrhaken durch den wasserzerfressenen Kalkstein, bis er einen Standplatz findet und diesen einrichtet. Der Nachsteiger baut alles ab, klettert nach und dann gleich weiter die nächste Seillänge. Wir schaffen alles problemlos. Im Gipfelbereich wird das Gelände weniger steil, dafür aber schrofig. Der Plombergstein ist hier bewaldet und nach einer kleinen Pause steigen wir wieder ab. Ab Mittag ist die Sonne zu stark um eine neue Route zu versuchen und wir kehren zu unserem Basislager in der Herberge zurück, wo wir in den kühlen See springen.
Nach dem Abendessen üben wir das Sichern mit einem Alpintuber. Mit dieser Sicherungsmethode, „Platte“ genannt, sichern wir unseren Nachsteiger. Am nächsten Tag haben wir Gelegenheit, diese Technik am Fels anzuwenden. Der Schober Südgrat am benachbarten Fuschlsee ist unser heutiges Ziel, wo wir eine lange, schöne Gratkletterei genießen und die neue Technik verinnerlichen.
Am Ende des Kurses brauche ich noch eine persönliche Herausforderung und probiere deshalb eine schwierigere MSL-Route am Plombergstein, die „Salewa“. Deren Topo habe ich schon am ersten Tag im Führer entdeckt. Die erste Seillänge ist für mich pure Genusskletterei, aber in der zweiten liegt die Schlüsselstelle, wo ich durch eine überhängende Verschneidung hochkommen muss. Dabei stelle ich fest, dass MSL-Klettern mehr Energie und mentale Stärke verlangt als Sportklettern. Am Ende der letzten Seillänge bin ich ausgepumpt und durchgeschwitzt. Es hat Spaß gemacht, aber jetzt blicke ich zum See und würde mich gerne sofort dort abkühlen.
Während des Kurses waren die Till und Tom die ganze Zeit dabei, um unsere Fortschritte zu beobachten. Dank ihnen habe ich in den letzten Tagen viel Neues gelernt und fühle mich jetzt mit den MSL-Grundlagen vertraut. Es hat so viel Spaß gemacht, dass ich den Rest der Woche auch noch am Wolfgangsee geblieben bin, wo direkt nach dem Kurs die DAV-Kletterfahrt stattfand.
Lyubo